In unserer Gesellschaft
existieren eine ganze Reihe sozialer Ungleichheiten. Einige davon sind
offensichtlich, andere weniger. In den nächsten Tagen will ich mich mit einer
eher selten thematisierten Art sozialer(!) Ungleicheit beschäftigen, nämlich
derjenigen, die sich aus der unterschiedlichen körperlichen Attraktivität der
Menschen ergibt. In einem ersten Teil geht es um die Ergebnisse
sozialpsychologischer Studien zum Zusammenhang von körperlicher Attraktivität
und sozialem Erfolg.
Für mich ist dieses Thema
durchaus ein spirituelles Thema. Diese Welt ist nicht in Ordnung und es sind
nicht nur die einzelnen Menschen, die tiefe Abgründe besitzen und diese teils
ausleben. Vielleicht noch viel stärkeres Leid wird nicht durch das Handeln
einzelner verursacht, sondern durch die nicht-beabsichtigten Eigendynamiken,
die sich aufgrund des Zusammenspiels des ganz ‚natürlichen’ Handelns vieler
Menschen ergeben. Oft sind wir für diese Dynamiken und die ungleichen Folgen,
die sich daraus ergeben recht blind. Ein erster Schritt in die Bekämpfung
dieser Ungleichheiten ist die Wahrnehmung der Dynamiken und Folgen dieser
Dynamiken:
Mit der Studie der
Psychologen Landy und Sigall im Jahre 1974 wurde erstmals empirisch
nachgewiesen, dass körperliche Attraktivität sozialen Erfolg positiv
beeinflusst. Diese Studie erwies sich als Initialzündung für eine – bis heute
nicht abbrechende - Flut von sozialpsychologischen Untersuchungen zu diesem
Zusammenhang. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen scheinen eindeutig zu sein:
Menschen deren Erscheinung als attraktiv beurteilt wird haben bessere Chancen
bei der Partnerwahl, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit eingestellt,
verfügen im Durchschnitt über einen höheren Verdienst, besitzen bessere
Voraussetzungen für beruflichen Aufstieg, werden vor Gericht mit milderen
Strafen belegt, usw.
Entgegen geläufiger Meinung
lässt sich Attraktivität relativ gut ‚objektiv’ messen. Obwohl Attraktivität
sich als Variable in der empirischen Forschung nur sehr schwer
operationalisieren lässt, erfolgen Urteile über die Attraktivität von Personen
in extrem kurzer Zeit und in erstaunlicher Reliabilität, d.h. sie stimmen
erstaunlich stark überein.
So wurden z.B. in einer
Versuchsreihe Personalchefs inhaltlich identische Bewerbungen mit Passfotos von
unterschiedlich attraktiven Personen vorgelegt. Dabei zeigte sich, dass die
Bewerbungen mit den Passfotos von attraktiveren Personen häufiger ausgewählt
wurden.
Eine Studie über den
Zusammenhang von Bildungschancen und Attraktivität ergab folgendes: Wurden den
Zeugnissen und IQ-Werten eines Schülers das Foto eines schönen Kindes
beigefügt, dann waren die Erzieher eher dazu bereit, in so genannten eigentlich
‚hoffnungslosen Fällen’ die Sonderschule nicht zu befürworten und dem Kind noch
eine Chance zu geben.
In einer neueren Studie
wurden Versuchspersonen unterschiedlich attraktive, computergenerierte, also
gemorphte Gesichter vorgelegt, die bezüglich einer Reihe von Eigenschaften
beurteilt werden sollten. Der damit gemessene Zusammenhang von Attraktivität
und zugeschriebenen positiven Persönlichkeitseigenschaften war sehr hoch, er
korrelierte dabei zwischen .70 und .90.
Die Sozialpsychologen erklären diese Zusammenhang zwischen körperlichen Attraktivität und sozialem Erfolg zumeist mit dem so genannten „Halo-Effekt“. Dieser besagt, dass attraktivere Personen bevorzugt werden, weil sie als fähiger oder sozial kompetenter eingeschätzt werden. Attraktiveren Personen werden also eine Reihe von positiven Eigenschaften unterstellt, die sie in Wirklichkeit gar nicht besitzen.
P.S.: Der adrette Herr auf dem Bild ist Dr. Lawrence M. Schoen, seines Zeichens Direktor des Instituts für klingonische Sprache. Es hängt eben doch alles mit allem zusammen. ;-)
Aha, dann wäre also der praktische Ratschlag für jemanden der nicht attraktiv ist, das Foto bei der Bewerbung besser ganz wegzulassen, oder?
Ich muss dabei irgendwie grade an diese Aktion des Herrn Beck von der SPD denken, der dem mittlerweile berühmtesten deutschen Arbeitslosen Herico Frank empfahl sich zu rasieren und sich einen "ordentlichen" Harrschnitt zuzulegen.
Hmm, scheinbar hat es geholfen, er arbeitet jetzt bei einem Radiosender, und wo wenn nicht beim Radio ist man auf gutes Aussehen bzw. Attraktivität angewiesen, richtig?
Sagen wir mal, wir wären schon 50 Jahre weiter und gentechnisch ließe sich der perfekt attraktive Mensch als Wunschkind zeugen... ob das wesentlich etwas ändern würde an der Job-Vergabe an den Verdiensten usw.?
Ich glaub nicht dran! Wenn es nicht das Aussehen ist, dann ist es irgendwas anderes, vielleicht die Kleidung, die soziale Herkunft, oder sonstwas.
Vielleicht ist das auch so eine angeborene Sache wie die Angst vor Spinnen: Angst vor unattraktiven Menschen!
Na gottseidank gibt es ja jetzt endlich "Second Life", da kann man endlich so attraktiv oder unattraktiv sein wie man will.
Schönes Wochenende.
Posted by: L'g | Feb 03, 2007 at 11:52
Also ich glaube, dass Attraktivität doch zu großen Teilen ein kulturelles Konstrukt ist. Sicher, es gibt biologische Elemente, doch glaube ich reicht der Hinweis auf das, was in den 80er Jahren als attraktiv galt, um zu beweisen, dass das kulturelle vorn liegt. (Niemand, wirklich niemand kann eine Dauerwelle, wie sie Lynn Tenner von Alf trug, heute sexy finden. Und ich hab MacGyver und Dieter Bohlen extra außen vor gelassen!). Relative Einigkeit über Attraktivität gibt es deshalb, weil die Leute einer Generation relativ ähnlich geprägt sind. Aber das verändert ja an deiner These nichts.
Posted by: Arnachie | Feb 03, 2007 at 19:45
Hmm, was wohl sowohl beim Mensch als auch bei Tieren gilt, ist dass wir extrem empfindlich sind für feinste ästhetische Unterscheidungen. Sage nicht ich, sondern ein Prof. Menninghaus im aktuellen Heft der "Technology Review" auf Seite 98 in dem Beitrag "Was ist der Sinn der Schönheit". Bei den Tieren hat es wohl was mit Sex zu tun, der, der am besten aussieht wird gepoppt. Aber in Sachen Mensch ist die Lage wohl komplizierter, das merkt man ja auch selbst: Bestimmte Menschen seien sie auch noch so schön möchte man schlicht nicht als Partner haben, weil bei uns eben mehr als nur die Fortpflanzung zur Erhaltung der Art mitspielt.
Also ich muss sagen, so gewisse Schönheiten von vor 30-40 Jahren hätte ich schon recht attraktiv gefunden. 80er Jahre dagegen kann natürlich keiner was sagen (meine jetzt die Kulturhässlichkeit der 80er), da bin ich leider gross geworden, war eh klar das die Jahre völlig daneben waren.
Ich würde sagen heute setzt sich Attraktivität aus mehr als dem Aussehen zusammen. Hat da einer "Geld" gerufen?? Schonmal was von der "3T Formula" gehört? Nicht? Na denn mal hier fix lesen...
http://www.askmen.com/dating/heidi_100/117_dating_girl.html
Schon ein lustiges Thema! :-)
Posted by: L'g | Feb 05, 2007 at 01:17